Neulich wurde als Ferienaktion für Kinder und Jugendliche in der Braunschweiger Zeitung vorgestellt, gewellte oder andere Schalen zu formen aus im Backofen erhitzten, von Eltern oder Großeltern erbetenen Vinylschallplatten. Klingt nach einem workshop im KFS, Problem der notwendige Ofen zum Erhitzen, bis bei 100 Grad die Platten weich werden. Was den einen wie recyclebares Altmaterial vorkommt, bleibt anderen, der Elterngeneration etwa, zu kostbar, auch wenn es nicht mehr genutzt wird. Die Parties, Discos, damals Feten genannt fanden in den 70er Jahren im KFS natürlich auch schon in Aufenthaltsräumen oder Kellern statt. Möglichst abgedunkelt. Die technischen Voraussetzungen waren verglichen mit heute skurril: Ein Plattenspieler, in dessen Deckel sich der Lautsprecher befand. Zusätzlich notwendig im Raum, der ja schummrig bleiben sollte, eine brennende Kerze, die erstens helfen musste, aus zig Singles (Schallplatte, klein, 45 Umdrehungen per Minute, je ein Lied oder Song auf Vor- und Rückseite) das nächste Stück zu wählen und bereit zu legen, und zweitens, die Saphirnadel des Plattenspielertonarms mechanisch auf der ersten Rille aufsetzen zu lassen. Am besten zwei Leute aus dem Team. Und zwar die jüngeren Teamer*innen (15,16) die als einzige gelten durften, die den aktuellen Musikgeschmack in etwa noch kennen. Diese „Schallplatten“ wurden Mitte der siebziger Jahre so für das KFS in St. Stephani Goslar kostengünstig beschafft, dass zwei solcher jungen Teamer*innen (ich durfte auch mal dabei sein) mit Pastorenfrau Renate Hasse in Braunschweig-Stöckheim nach meiner Erinnerung einen kultigen Laden aufsuchten, in dem in langen „Grabbelfächern“ zwei Dashtrommeln voll Singles auszusuchen und zu kaufen. Das Waschmittel Dash gab es damals in zylinderförmigen Pappbehältern mit Tragegriff, in die zufällig recht exakt Singles passten. Dieser Ort bot die Platten an, die bereits einige Zeit in Musicboxen in Gaststätten ihren Dienst getan hatten, wo sie gegen Geldbetrag und mit Tastenkombination B17 etwa aus einer Musicbox gewählt werden konnten. In der beleuchteten Box konnte man sehen, wie ein technischer Arm eine Single aus der langen aufgereihten Schar herausgriff, drehte und zum Abspielen ablegte. Nun also die Hits vom Vorjahr finden! Denn Peter Alexander ging nicht. BeiKerzenlicht wurde also der nächste Song schon ausgewählt und bereit gelegt, damit beim Plattenwechseln nicht eine zu lange Zeit ohne Musik entstand. Die eine oder andere Single wurde leider durch tropfendes Wachs ruiniert: Die Boxen wurden größer, lauter. Es folgte eine Zeit mit Musikkassetten, sorgfältig daheim für Feten vorbereitet mit Spannungsbogen und beschriftet. Im „Brüllwürfel“ (Verstärkerkasten mit zwei CD-Fächern) konnte die eine abgespielt werden, währen der DJ mit Lautsprecher auf der anderen den Anfang eines geeigneten Folgetitels auswählte. Übergang bei geschickten Händen nahezu ohne Pause. Dann konnten bereits über Klinkenstecker Discmans angeschlossen werden, CD-Stapel wurden mitgeführt, später waren mp3-Player Stand der Technik, inzwischen Laptops mit Zugriff auf nahezu jede Musik auf Spotify. Klassiker des Partyzubehörs früher der große Topf, vom Gruppenhaus geliehen, oder ein separat gekennzeichneter Eimer (nicht zum Batiken verwenden!). Serviert wurde mit Fruchtsirup gemixtes Wasser oder Zitronentee, Eisteee angerührt. Becker mit Edding beschriftet oder Ikeabecher mit Tesakrepp und Namenszug fast schon Corona-kompatibel gekennzeichnet. Alkoholfreie Cocktails gehörten schon zur avancierten Partiegestaltung. Buntes Krepppapier schmückte immer wieder die Räume. Cool waren Lichtorgeln, Lichterketten oder Schwarzlichtlampen, die den Raum ins totale Dunkel versetzten, sichtbar fast nur noch weiße Kleidung und phosphoreszierende Schminkestreifen in Gesichtern.
Und die Räume? Keller, Garagen, ehemalige Kuhställe und andere, oft skurril dekorierte Räume. Dennoch magische Stunden, von draußen als Gedröhn wahrnehmbar. Meist gesagter Satz: „Macht bitte die Tür zu, wenn ihr rausgeht und reinkommt, das ist sonst zu laut.“
KFS 2020 digital Dietmar Schmidt-Pultke, St. Thomas, Wolfenbüttel