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27.07.2020 Kategorie: Wf St. Thomas

Shake your boodle – Feten II

Helfen oder schaden die Ärzte?

Feten und Parties finden in den meisten Gruppen im KFS bestimmt drei, vier Mal statt. In den ersten Tagen, zur Mitte hin, oft als Abschluss eines Tauftages und kurz vor dem Ende. Alkohol oder Drogen können nicht für eine berauschende oder enthemmende Stimmung sorgen, dennoch zeigen Bilder von gelungenen Parties Szenarieren, die uns aus heutiger Sicht an Corona-Hotspots beim Apres-Ski in Ischgl denken lassen: Halbdunkel, große Enge und Körpernähe, offenbar oft auch lauter Gesang und Bewegungen, Lichteffekte. Die Jugendlichen wirken nicht nur, sondern sind erhitzt und in aufgedrehter Stimmung. Da oft aus Gründen der Lärmminderung oder wegen der besonderen Räumlichkeit Lüften kaum möglich ist, rennen immer mal wieder Gruppen von Mädchen raus- vermutlich um sich Luft zuzufächeln oder Deo zu prüfen oder vorm Spiegel das oft spezielle Outfit zu checken. Jungs brauchen oft eher einen großen Hieb Zitronentee zu trinken. Für viele ist Disco, Party, Fete eine ganz neue Erfahrung mit sich und den anderen und der Musik. „Ich glaube, ich kann nicht tanzen“- denkt manch einer, und ist dann doch mittenmang in gemeinsame Bewegungsabläufe einbezogen. Einmal sagte eine Jugendliche schön: „Shake your boodle“. Ich brauchte ein paar Sekunden, bis ich begriff, dass es sich dabei um ähnliches – ahnungsloses – Fantasieenglisch handelt, das mir noch heute oft im Wege steht, Songs meiner Teeniezeit verstehen zu können. „Shake your bootie- wackel mit deinem Hintern“ war gemeint. Und da betreten wir das Feld der vielen sprachlosen, dennoch intensiven Kommunikationsformen, die Parties mit lauter Musik ermöglichen. Ja auch Körperkontakte, schlenkernde Arme und hochgeworfene Beine, klatschende Hände, gemeinsames Johlen und Gröhlen.
Zu allen Zeiten hat die Erwachsenenwelt das scheinbar enthemmte, irre, wilde Geschehen tanzender Teenager beunruhigt. Elvis Presley durfte mit seinen Hüftbewegungen nicht mehr im Fernsehen gezeigt werden. Die Fans Kreischten lauter als die Beatles oder Stones spielten. Schwarze Sänger sprangen auf Klaviere, aus vielen wurde eine sich rhythmisch bewegende Menge, womöglich werden Textstücke laut skandiert: „Hölle, Hölle, Hölle, TNT-Dynamite, I can’t get no satisfaction, und alles nur, weil ich dich liebe und ich nicht weiß, wie ich’s beweisen soll." Tut das gut? „Meister, ich habe meinen Sohn hergebracht zu dir, der hat einen sprachlosen Geist. Und wo er ihn erwischt, reißt er ihn zu Boden; und er… wird starr. Und sogleich, als ihn (Jesus) der Geist sah, riss er ihn (den Jungen) hin und her.“ (Markus 9,20). Unbeweglichkeit und extremes Gezappel- zwei Formen, wie der Junge aus Sicht des Vaters geplagt wird von Kräften, die ihm nicht gut tun. So ein Stück aus dem Bibeltext, aus dem das KFS-Bibelmotto 2020 gekommen wäre: Ich glaube, hilf meinem Unglauben. Schüttelt die Jugendlichen böser Geist bei Parties, noch animiert durch die etwas älteren Teamer*innen und dröhnende Bässe? Könnten die Ärzte helfen? Oder gehören DIE ÄRZTE, deutsche Punkband, sogar noch zu den Anheizern dieser Phänomene? Tatsächlich herrscht in Partykellern oft eine stickige Hitze, du ringst nach Atem. Und nicht selten war der Beweis, dass die Party gut läuft daran abzulesen, dass an den Wänden und auf dem Fußboden gefährlich glitschig sich die Luftfeuchte sammelt als Film. Wie das Wandern auf seine Weise, führen Feten zu einer starken Erfahrung mit Körpersensationen. Ich fühle mich. Und das ist aufregend. Schwer an solch einem Abend am Ende in die Stille eines Abendausklangs und ruhig auf die Zimmer und in den Nachtschlaf zu finden. Tanz hatte in den 70ern oft die Gestalt, dass alle auf die Knie zu Boden sanken und einen Song lang die Haare und Köpfe schüttelten. Das Wort Head-Banging kannten wir noch gar nicht. Damals gab es auch noch die vielen, die bei Gitarrensolos „Luftgitarre“ spielten. Und das im Wechsel mit ganz ruhigen Liedern, zu denen erstmals eng Stehblues getanzt wurde. Letzteres kam bald aus der Mode. Manche Handfläche schmerzte nach auf dem Boden mitgeklatschten Rhythmus von Queens "We will rock you", selbst Jungen begannen, in Formation die Bewegungen von "Makarena" zu lernen. Der Song „Moskau, Moskau, werft die Gläser an die Wand hahahaha“ sah eine bunte, an den Schultern eingehakte Runde im Takt die Beine nach rechts und links werfen. Zu Achim Reichels „Aloha heja he“ begaben sich ganze Reihen sofort in die Position rudernder Galeerensklaven. Erfolgreich implementierten auch Teamer*innen aus der DLRK-Bewegung die Bewegungen der „Baderegeln“ für die Kleinen als Gruppenperformance. Und mehr dergleichen, je nach Traditionen in den Gruppen und Musikgeschmäckern auch der Teamer*innen. Und wen das nicht zum Mitmachen begeistern konnte, fand in den Partymottos Hilfen: Black and White, Hawai, Blumenkinder, Hans und Franz und Tanz oder Schwarzlicht: Klappe zu-Affe tot zum Ende eines KFS. Und protestierend gegen eine Regenphase: „We wear our sunglasses at night“.
Ich halte diesen Bestandteil des KFS für ebenso wichtig wie Arbeit am Thema in Kleingruppen und Projekten, Bergtouren oder Abendgebete. Denn „life is live!“
KFS 2020 digital Dietmar Schmidt-Pultke, St. Thomas, Wolfenbüttel