Wolfenbüttel (epd). Das Evangeliar Heinrichs des Löwen ist in die Liste des national wertvollen Kulturgutes aufgenommen worden. Es fällt damit unter den Schutz eines Gesetzes, das die Abwanderung bedeutender deutscher Kulturgüter ins Ausland verhindern soll, wie die Herzog August Bibliothek am 8. Oktober in Wolfenbüttel mitteilte. Dort wird die kostbare Evangelien-Handschrift aufbewahrt. Der Eintragung ins niedersächsische Verzeichnis wertvollen Kulturgutes sei eine Auszeichnung, sagte der kommissarische Direktor der Bibliothek, Thomas Stäcker.
Das Evangeliar gilt als eine der prachtvollsten Bilderhandschriften des Mittelalters und stellt den Angaben zufolge einen Höhepunkt der romanischen Buchmalerei dar. Es wurde in den 1180er Jahren von Herzog Heinrich dem Löwen (um 1130-1195) für die Braunschweiger Stiftskirche St. Blasius in Auftrag gegeben und von Mönchen aus Helmarshausen hergestellt. Das Kunstwerk umfasst 226 Blätter mit Miniaturen, Kanontafeln und farbigen Bilddarstellungen.
Am 6. Dezember 1983 hatte eine Initiative zur Sicherung deutschen Kulturgutes das Evangeliar für damals 32,5 Millionen D-Mark (rund 16,7 Millionen Euro) im Londoner Auktionshaus Sotheby's ersteigert. Seitdem befindet es sich im Besitz des Landes Niedersachsen, des Freistaats Bayern, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und der Bundesrepublik Deutschland. Nur ein Buch war jemals teurer: 1994 ersteigerte der US-Milliardär Bill Gates den "Codex Leicester" von Leonardo da Vinci (1452-1519) für rund 30,8 Millionen US-Dollar.
Die Eintragung in die Liste national wertvollen Kulturgutes war nach Angaben der Herzog August Bibliothek bis 2007 Objekten aus privatem Besitz vorbehalten. Das niedersächsische Wissenschaftsministerium habe seitdem jedoch mehrere Kulturgüter im öffentlichen Eigentum in das Verzeichnis aufgenommen, um ihrer Bedeutung Rechnung zu tragen. Das Evangeliar ist gemeinsam mit dem Hildesheimer Albani-Psalter noch bis zum 15. November in der Schatzkammer der Bibliothek zu sehen. Damit sind die beiden kostbarsten Prachthandschriften Niedersachsens in einer Ausstellung vereint.